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Der anatomische Sezierkurs an der Medizinischen Universität Graz (Teil I)

Inhaltsverzeichnis

Erstes Semester und Knochenkolloquium

Nachdem ich im ersten, chemisch-physikalisch geprägten Semester im Medizinstudium nach ein und demselben Schema gelernt, unzwar mit einer Kombination aus vielen Altfragen-Prüfungssimulationen und stetiger Recherche von medizinischen Fachbegriffen, und alle drei Prüfungen locker bestanden hatte, stand die erste große Hürde an – zumindest munkelte man das.

Das Knochenkolloquium als mündliche Prüfung des anatomischen Institutes ist zwar relativ anspruchsvoll gewesen, man musste immerhin alle Knochen des menschlichen Körpers sowie jegliche Höckerchen, Gruben und einiges mehr auswendig lernen, doch hielten die Gerüchte nicht das was sie versprachen. Auch wenn mein Prüfer, der zwar selbst nicht Medizin studiert hatte, dafür umso härter testierte, mir Fragen stellte wie, was denn die Analogie des Processus spinosus des Menschen zu dem des Stegosaurus sei (what?), war das Knochenkolloquium nicht gerade ein großes Hindernis bei der Arztwerdung.

Vorsicht Fangfrage! Stegosaurier haben sogenannte Osteodermata die keine Analogie zum Processus spinosus darstellen. The more you know ! Und keine Sorge, ich wusste das natürlich während der Prüfung auch nicht.

Für mich hat es damals gereicht, in den Seminaren im Seziersaal aufzupassen und mit dem Platzer, einem Taschenlehrbuch für die Anatomie des Bewegungsapparates, zu lernen. Im nächsten Semester sah das Ganze aber völlig anders aus.

Zweites Semester: Der erste Sezierkurs an der Medizinischen Universität Graz

Nach einem erholsamen Februar, der durch und durch zum Entspannen genutzt wurde, ging das Semester los wie eine Rakete. Nach ein paar Einführungstagen in die Themen des 4er Moduls (Struktur und Funktion des Bewegungsapparats) stand ich plötzlich Mittwochmorgen im Seziersaal und holte mit meiner Sezierpartnerin Hübsch-und-lustig (Name durch die Redaktion geändert) einen kompletten menschlichen Unterschenkel ab. Ehe wir uns versahen, standen wir auch schon an unserem Seziertisch, wo uns unser Prüfungstermin bekanntgegeben wurde: Freitagvormittag. Mein Wissensstand zu diesem Zeitpunkt glich meinem Bankkonto von damals: komplett blank. Außerdem hatten wir seit Montag zwar Vorlesungen zur allgemeinen und speziellen Arthrologie (Gelenkslehre) doch die Vorlesung zu unserem Thema (Anatomie des Fußes) wurde erst Freitagmorgen abgehalten: nur ein paar Minuten vor unserem ersten Testat. Holy guacamole(y).

Notiz: die Fußgelenke (ca. 30 an der Zahl) sind mit ihren Bändern und Bewegungen mit Abstand die kompliziertesten des menschlichen Körpers, nicht zuletzt wegen der französischen Eigennamen – Chopart, Lisfranc, Maisonneuve (je deteste français).

Also hieß es: ran an den Speck. Wir waren von morgens bis mittags in der Vorlesung und dann von mittags bis ca. 17:00 Uhr am Abend im Seziersaal: wann soll man da lernen? Natürlich nachts. Bis eins oder so. Auf jeden Fall hatte ich ein unendlich schlechtes Gedächtnis vor dem Sezierkurs (11 von 20 erreichbaren Punkten beim MedAT waren für mich ein Erfolg), doch das änderte sich schnell. Mit einem unfassbaren Lernpensum und dem Ausschalten jeglicher Bedürfnisse sowie dem Leben außerhalb des Medizinstudiums, konnte ich am Donnerstagabend alle Seiten zum Thema Fuß im Waldeyer, unserer schlecht geschriebenen Anatomie-Bibel, auswendig.

Als der Freitagmorgen anstand, hatten wir nun endlich die Vorlesung zu unserem Thema. Alsbald nachdem der Professor mit seinem Unterricht begonnen hatte, merkte ich, dass alles was ich die letzten zwei Tage zum Fuß gelernt hatte, nur an der Oberfläche gekratzt hat, was es zu wissen gab. Deshalb konzentrierte ich mich während den nächsten zwei Stunden wie noch nie zuvor in meinem Leben auf das Gesagte vom Professor: zum Glück, wie sich herausstellen sollte.

Das erste Testat

Sofort nachdem die Vorlesung zu Ende war, öffnete man die Tür zum Seziersaal, damit wir unsere Plätze für die Prüfung einnehmen konnten. Ich wusste durch mein konzentriertes Mitlernen in der Vorlesung jetzt zwar alles zum Thema Supination im engeren Sinn, Aversion, Eversion und vielem mehr, aber würde das reichen? Meiner Sezierpartnerin ging es da nicht anders. Aber wir wünschten uns gegenseitig viel Glück und hofften darauf, keinen allzu anspruchsvollen Prüfer abzubekommen (was in der Grazer Anatomie ein Witz ist, da die Anforderungen von jedem Prüfer viel zu hoch sind).

Nun denn: als alle Studierenden im Seziersaal angekommen an ihrem Tisch standen, wurde es auf einmal still und jeder wusste: jetzt geht es los. Zu diesem Zeitpunkt war kein einziger Lehrender im Raum. Stattdessen stellte sich heraus, dass sie nach und nach in den Seziersaal kommen sollten, als wollten sie eine Aura der dramaturgischen Spannung aufrechterhalten. Der erste Prüfer, ein beinharter Privatdozent, der aussah wie ein Militärgeneral, nur strenger, lief langsam und bestimmt in den Seziersaal, an mehreren Tischen mit Studenten vorbei (welche daraufhin erleichtert aufseufzten). Er setzte sich an den Seziertisch ganz vorne in der Mitte und läutete damit das erste mündliche Testat ein. Geprüft wurde als erstes eine junge blonde Kollegin, die sichtlich aufgeregt war. Ich mach’s kurz: Sie fiel komplett durch und lief laut weinend aus dem Seziersaal. Als nächstes kam der Professor in den Raum, der die Vorlesung zum Fuß abgehalten hatte und setzte sich: an unseren Tisch. Der erste Prüfling: ich.

Er sprach leise, sodass man richtig hinhören musste. Doch ich verstand was er sagte und antwortete auf seine Fragen sofort, korrekt und wie man mir später sagen sollte, viel zu schnell. Er stellte mir drei Fragen zum Tibiofibulargelenk, der Chopart’schen Linie und dem Pfannenband, die ich richtig beantworten konnte. Er sah mich kurz streng an, gluckste dann aber lachend auf und gab mir alle Punkte: bäm, bestanden! Und das in nur ca. 30 Sekunden.

Auch Hübsch-und-lustig hatte währenddessen auf dem Nebentisch alle Punkte abgesahnt. Was für ein toller Tag! Wir konnten uns aber nur kurz freuen, denn bestanden hatten wir nur eines von insgesamt vier Testaten. Nächste Woche ging es nämlich weiter…

Das war Teil I. Wie viele Teile es gibt, seht ihr dann, wenn sie rauskommen 😉

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