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Epigenetik (Aufgabe 1 – 3)
Epigenomik (engl. Epigenomics) oder Epigenomforschung ist ein Teilgebiet
der Epigenetik, das auf die Untersuchung des möglichst vollständigen Satzes
epigenetischer Modifikationen am genetischen Material einer Zelle zielt.
Solche zusammenhängenden Sätze von epigenetischen Modifikationen werden
Epigenome genannt. Der Begriff Epigenomics wurde analog zu anderen -omics,
wie Genomics und Proteomics gebildet und wurde populär, als Methoden zur
Verfügung standen, epigenetische Modifikationen im größeren Stil zu
untersuchen. Die Initiierung des Human Epigenome Project im Jahr 1999 hat
dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Epigenomik und Epigenetik
schließen sich nicht aus. Die umfassende und effiziente Erforschung der
Epigenetik auf globaler Ebene wird durch Hochdurchsatz-Methoden ermöglicht.
Die Verwendung des Begriffs Epigenomforschung bzw. Epigenomik kennzeichnet
diese Vorgehensweise spezifischer als die Verwendung des Begriffs
Epigenetik. Zwei der am meisten charakterisierten epigenetischen
Markierungen sind DNA-Methylierungen und Histonmodifikationen. Eine
Gesamtbestimmung von DNA-Methylierungen zu einer bestimmten Zeit, in einem
bestimmten Gewebe usw. wird häufig als Methylom oder
DNA-Methylierungsmuster bezeichnet, ein zusammenhängender Satz von
Histonmodifikationen wird häufig Histon-Code genannt. Sowohl Methylome
(bzw. DNA-Methylierungsmuster) als auch Histon-Codes sind Teil-Epigenome.
Beispielhaft seien hier für die Untersuchung von Epigenomen die
Bisulfit-Sequenzierung und ChIP-Seq genannt. Die Bisulfit-Sequenzierung
ermöglicht eine umfassende Analyse von “Methylomen”
(DNA-Methylierungsmustern) und ChIP-Seq kann für die Interaktion von
Histonen mit der DNA eingesetzt werden. Es ist anzumerken, dass die
Epigenomforschung zwar als Teilgebiet der Epigenetik angesehen werden kann,
jedoch ein sehr interdisziplinäres Fach ist, das beispielsweise
Schnittmengen mit der Genetik, der Molekularbiologie allen -omik-Gebieten,
der Systembiologie und der Bioinformatik aufweist.[…] Epigenetik beschränkt
sich nicht auf Vererbungsfälle. Zunehmende Beachtung finden epigenetische
Forschungsergebnisse im Zusammenhang mit anhaltenden Veränderungen im
Lebenslauf sowie im Zusammenhang mit der Ausbildung von Krankheiten. So
konnte an 80 eineiigen Zwillingen nachgewiesen werden, dass sie im Alter
von drei Jahren epigenetisch noch in hohem Maß übereinstimmen, nicht mehr
aber im Alter von 50 Jahren, wenn sie wenig Lebenszeit miteinander
verbrachten und/oder eine unterschiedliche medizinisch-gesundheitliche
Geschichte hinter sich haben. So war der Methylierungsgrad bis zu
zweieinhalb mal höher bei einem Zwilling, sowohl in absoluten Zahlen als
auch was die Verteilung der epigenetischen Marker angeht. Ältere Zwillinge
sind demnach trotz ihrer genetischen Identität epigenetisch umso
verschiedener, je unterschiedlicher das Leben der Zwillinge verläuft. Der
Grund liegt neben der erlebten Umwelt auch in der Ungenauigkeit bei der
Übertragung von Methylgruppenmustern bei jeder Zellteilung. Schleichende
Veränderungen summieren sich damit im Lauf eines Lebens immer stärker auf.
Die Umstellung der Ernährung bei Arbeiterbienen nach Ablauf der ersten
Wochen des Larvenstadiums auf eine einfache Pollen- und Honigkost im
Vergleich zur Königin verursacht eine hochgradige epigenetische
Umprogrammierung des Larvengenoms. Mehr als 500 Gene wurden identifiziert,
die von den umweltspezifisch verursachten Methylierungsveränderungen
betroffen sind. Nicht nur Aktivierung bzw. Nichtaktivierung von Genen ist
die Folge des Ernährungswandels, sondern sogar alternatives Splicing und
veränderte Genprodukte. […] Die Erklärung von Stressfaktoren bildet einen
Schwerpunkt der epigenetischen Forschung. Individuen mit frühen
traumatischen Lebenserfahrungen, zum Beispiel ausgelöst durch mangelnde
Mutterschaftsfürsorge von Rattenmüttern, wurden dafür herangezogen. Stress
setzt eine Kaskade von Hormonausschüttungen zu seiner Kontrollierung in
Gang, deren Kette im Hypothalamus, einem Teil des Zwischenhirns beginnt.
Nachgewiesen werden konnte, dass ein Glucocorticoid-Gen bei den
betreffenden Individuen auffallend unterschiedliche Methylierungen
aufweist. Entsprechend ist das Gen bei Vorliegen von Stressvergangenheit
gehemmt. Das Genprodukt in der Nebennierenrinde als Endstation der
Hormonkette ist in der Folge unterschiedlich. Mehr als 900 Gene werden im
Gehirn als Folge mütterlicher Verhaltensweisen herauf- oder
herunterreguliert. Die Ergebnisse konnten bei Menschen ebenfalls bestätigt
werden. Das Rezeptorgen im Hippocampus stimmt beim Mensch mit dem anderer
Säugetiere weitgehend überein. Epigenetische Veränderungen sind daher
ähnlich wie bei den Ratten. Eine Studie mit Suizidkandidaten teilte
Betroffene in zwei Gruppen auf, solche mit Missbrauchserfahrungen in der
Kindheit und solche ohne. Nur bei den Kandidaten mit
Missbrauchsvergangenheit war das Rezeptorgen mit Methylierung blockiert.
Ein Trauma, das die Mutter in der Schwangerschaft erlebt, kann nach
demselben epigenetischen Muster sogar anhaltende Folgen für das werdende
Kind nach sich ziehen, die für das Kind jahrzehntelang bestehen bleiben. In
einer Studie aus den Niederlanden wurde gezeigt, dass Kinder von Müttern,
die sehr früh während der Schwangerschaft unter einer Hungersnot litten, im
Verlaufe ihres Lebens ein deutlich erhöhtes Risiko für Schizophrenie und
Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigten und gleichzeitig Änderungen im
Methylierungsmuster des Igf2 Genes trugen. Bei Mäusen führt regelmäßige
Kokaingabe zu einem veränderten Muster epigenetischer Marker von einigen
hundert Genen im Belohnungszentrum des Gehirns. Dies erhöht die
Empfindlichkeit für die Drogenwirkung und steigert die Suchtgefahr. Die
Größenordnung epigenetischer Veränderungen ist im Lebensverlauf um ein
Vielfaches höher als die genetischer Mutationen. Die Wissenschaft erwartet
daher künftige weitere neue Antworten auf eine Vielzahl von Krankheiten im
alternden Organismus, die genetisch heute nicht erklärbar sind, darunter
Schizophrenie, Alzheimer-Krankheit, Krebs, Altersdiabetes,
Nervenkrankheiten und andere.[…] Von den Befunden zu epigenetischen
Veränderungen werden vor allem in der Populärwissenschaft immer wieder
Parallelen zum Lamarckismus gezogen und ein Widerspruch zur klassischen
Genetik gesehen. Bisher existieren allerdings nur sehr wenige Hinweise,
dass erlernte und erworbene Fähigkeiten von einer Generation zur anderen
über die Keimzellen weitergegeben werden können. Auch ist eine Weitergabe
an die nachfolgende Generation noch kein Beweis für eine genetische
Manifestation, auch wird häufig der Begriff „Generation“ als Beginn eines
Individualzyklus falsch interpretiert. Eine Vererbung epigenetischer
Prägungen wurde 2003 von Randy Jirtle und Robert Waterland mittels
Mäuseexperimenten vorgeschlagen. Weiblichen Agoutimäusen wurde vor der
Paarung und während der Schwangerschaft eine bestimmte Zusammensetzung an
Nährstoffen verabreicht. Es zeigte sich, dass ein Großteil der Nachkommen
nicht den typischen Phänotyp aufweist. In einer Humanstudie untersuchten
die beiden Genetiker Marcus Pembrey und Lars Olov Bygren sowie Mitarbeiter
verschiedene Faktoren, die Aufschluss über die Lebensmittelverfügbarkeit
und Sterbefälle der kleinen schwedischen Stadt Överkalix gaben. Es zeigte
sich, dass die meisten Personen, deren Großeltern in ihrer Kindheit genug
zu essen hatten, mit zunehmendem Alter an Diabetes erkrankten. Die
Erkrankung trat allerdings nach einem bestimmten Muster auf, was auf
epigenetische Veränderungen auf den Geschlechtschromosomen schließen lässt.
Zum Beispiel waren bei Familien, in denen sich der Großvater gut bzw.
übermässig ernährt hatte, von allen Enkelkindern nur die männlichen Enkel
betroffen. Nach einer Hypothese von William R. Rice, Urban Friberg und
Sergey Gavrilets aus dem Jahr 2012 könnte die Entstehung der menschlichen
Homosexualität durch epigenetische „Vererbung“ verursacht sein. So würde
bei einigen Individuen die sexuelle Präferenz der Mutter an den Sohn und
die Präferenz des Vaters auf die Tochter übertragen. Das passiere dann,
wenn die epigenetischen DNA-Markierungen (engl. “Epi-Marks”) bei Genen, die
für die sexuelle Ausrichtung verantwortlich sind, in den Keimzellen
erhalten blieben. Wenn beispielsweise diese epigenetischen DNA-Markierungen
in der unbefruchteten Eizelle (also der mütterlichen Keimzelle) nicht
vollständig zurück gesetzt wird, könnte dann ein Embryo zwar männliche
Geschlechtsorgane ausbilden (wenn er den XY-Genotyp geerbt hat), die
sexuelle Ausrichtung auf das männliche Geschlecht wäre aber ähnlich wie bei
der Mutter. Die Homosexualität des Menschen ist nach dieser Hypothese
angeboren. Die Hypothese erklärt, weshalb das Vorkommen von Homosexualität
beim Menschen über die Zeit statistisch stabil bleibt. Allerdings schreiben
die Autoren um Rice auch, dass es sich lediglich um eine Hypothese handele,
es hingegen bislang keine empirischen Hinweise für einen Zusammenhang
zwischen Homosexualität und Epigenetik gebe. Eine kritische Analyse der
Hypothese von Rice et al. hat Heinz J. Voss vorgenommen.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Epigenetik
Buchbinder (Aufgabe 4 – 7)
Die Kunst des Buchbindens entwickelte sich dort, wo Bücher geschrieben und
eingesetzt wurden – im klerikalen Raum der Kirchen und Klöster. Weil es den
Berufsstand des Buchbinders zu dieser Zeit noch nicht gab, da die Anzahl
der zu bindenden Bücher zu gering war und damit folglich kein
Lebensunterhalt verdient werden konnte, waren es zuerst die Mönche, die die
von ihnen geschriebenen Bücher auch banden und illuminierten. Später wurden
in Klöstern nicht nur Bücher für den Eigenbedarf, sondern auch
Auftragsarbeiten für Außenstehende gebunden. Gegen Ende des 15.
Jahrhunderts wurde in einigen Klöstern das Buchbinden sogar gewerbsmäßig
betrieben. Allerdings handelte es sich dabei eher um kleinere, weniger
begüterte Häuser, in reicheren Klöstern war das Handwerk zu diesem
Zeitpunkt schon so gut wie zum Erliegen gekommen.
Analog dazu kam der bürgerliche Buchbinder dort auf, wo ebenfalls ein
großer Bedarf an Büchern vorhanden war – in den Zentren geistigen Lebens,
vor allem in Universitätsstädten. Einige Quellen sprechen von ersten
Anzeichen dafür schon im 12. Jahrhundert, andere führen Belege ab dem 13.
Jahrhundert an. Von einer größeren Verbreitung kann man jedoch erst gegen
Ende des 15. Jahrhunderts sprechen, hauptberufliche Buchbinder finden sich
zu dieser Zeit in fast allen größeren Universitäts- und Handelsstädten.
Ein spezielles Phänomen stellten die „Studentenbuchbinder“ in den siebziger
und achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts dar: Im Zuge der Vielzahl neuer
gedruckter Bücher war der Bedarf an Buchbindern so groß, dass sich in der
Studentenschaft einige fanden, die sich die grundlegenden Handgriffe selbst
beibrachten, um sich auf diese Weise einen Nebenverdienst zu
erwirtschaften. Doch nicht alle, die immatrikuliert waren und für die
Universität banden, studierten auch selbst. Vielfach handelte es sich bei
ihnen um voll ausgebildete, hauptberufliche Buchbinder, die lediglich die
Privilegien einer Zugehörigkeit zur Universität auszunutzen wussten, wie
beispielsweise die Steuerfreiheit. Sie lebten zusammen mit den anderen
Studenten in Studentenheimen, wo sie auf kleinstem Raum ihre Arbeiten
durchführten.
„Auch-Buchbinder“, wie die Studenten, gab es jedoch auch außerhalb der
Universitäten. Denn noch war das Buchbinden ein freies Handwerk, das keinen
zünftigen Regeln unterlag. Jeder, der es beherrschte, wie auch immer er
sich seine Kenntnisse angeeignet hatte, konnte als Buchbinder tätig werden.
Trotzdem war es noch ein selten vertretenes Handwerk, so dass die wenigen
Buchbinder sehr gefragt waren. Da Besitzer wertvoller Bücher oft nicht
bereit waren, diese zum Binden fortzugeben, reisten viele Buchbinder als
fahrende Handwerker umher.
Um die Wende des 15. zum 16. Jahrhundert entwickelte sich eine lebhafte
Konkurrenz zwischen den beiden noch parallel existierenden Zweigen
klösterlicher und bürgerlicher Buchbinderei. Noch immer hatte sich kein
definiertes Gewerbe herausgebildet, die Grenzen zwischen den verschiedenen
Handwerken waren noch in der gesamten ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
fließend. Während auch Spielkartenmacher sich mit dem Binden von Büchern
verdingten, trieben Buchbinder meist auch Buchhandel, gefördert durch die
Tatsache, dass sie von Druckern oft in Rohbogen bezahlt wurden und als
einzige in der Lage waren, dem Kunden ein fertiges Produkt an die Hand zu
geben.
Die Buchbinderei knüpfte immer engere Kontakte zum gesamten Buchwesen, das
durch reformatorische und humanistische Strömungen an Bedeutung gewann. Der
gestiegene Bücherbedarf in großen Teilen der Bevölkerung förderte das
bürgerliche Handwerk, das langsam die Oberhand gegenüber klösterlichen
Buchbindern gewann. Erste Städte erließen Auflagen und Reformen, die dem
bürgerlichen Handwerk Vorteile verschafften und das klösterliche weiter
zurückdrängten. Besonders in Basel hatten bürgerliche Buchbinder schon zu
Beginn des 16. Jahrhunderts einen guten Stand.
Hier organisierten sich die Buchbinder auch erstmals in einer Zunft. Schon
um 1480 wurden sie der Safranzunft angegliedert, einer Krämerszunft, der u.
a. auch Drucker und Buchführer angehörten. Zwei Jahrzehnte später, ab 1502,
dienten die Straßburger in der Zunft zur Stelze, Augsburg und Wittenberg
folgten erst in den 1530ern. In der zweiten Jahrhunderthälfte stieg die
Zahl der Zünfte, Gilden oder Innungen, wie sie je nach regionaler Lage
genannt wurden, kontinuierlich an. In Städten, in denen die Buchbinderei
weit entwickelt war und die viele Meister hatten, entstanden selbstständige
Zünfte, die meisten jedoch wurden mit anderen Gewerben in einer Ordnung
zusammengefasst. Die vollständige Verbreitung bis hinein in ländliche
Regionen dauerte zwar noch an, aber gegen Ende des 17. Jahrhunderts war
jeder Buchbinder zünftig. Gab es in einem Ort keine Zunft, wurden die
ansässigen Meister verpflichtet, sich der nächsten erreichbaren
anzugliedern.
Die wesentlichen Ziele der zünftigen Organisation waren wirtschaftlicher
und sozialer Natur. Sie gingen über die einer Berufsgemeinschaft weit
hinaus, bildeten Lebensgemeinschaften mit eigenen Regeln, Bräuchen und
Traditionen. Auf der einen Seite bot erst die Zugehörigkeit zur Zunft die
Möglichkeit zur Berufsausübung und sicherte jedem Mitglied die
Bürgerrechte, auf der anderen Seite brachte sie auch viele Pflichten mit
sich. Grundlage des Zusammenlebens war das Nahrungsprinzip: Jeder sollte
sich mit seiner Arbeit eine Lebensgrundlage schaffen können. Die Regelung
der Produktion, um jedem den gleichen Zugang zu Material und Aufträgen zu
sichern, gehörte damit zu den wichtigsten Aufgaben der Zünfte.
Die Ausbildung zum Buchbinder im Rahmen der Zünfte erfolgte in den
Haushalten der Meister. Bis zu seiner Gesellenprüfung lebte und arbeitete
der Lehrling zusammen mit der Meisterfamilie. Einerseits wurde er wie ein
Familienmitglied behandelt, andererseits aber hatte er auch dienende
Aufgaben. Das Erlernen des Handwerks geschah durch schlichte Einbeziehung.
Zusehen, Nachahmen und Helfen sicherten die technischen Fertigkeiten und
das Wissen über Werkstoffe und deren Handhabung. Mit dem Aufstieg zum
Gesellen verbunden war der Wanderzwang, der vordergründig der Erweiterung
der Kenntnisse dienen sollte. Da jedoch, wer eine Meisterswitwe oder
–tochter heiratete, meist davon befreit wurde, geht die Literatur von einer
Maßnahme zur Konkurrenzminderung aus. Die Zahl der Meister an einem Ort
sollte nicht zu groß werden, um den Gewinn der Alteingesessenen nicht zu
schmälern. Um sich nach bestandener Meisterprüfung niederlassen zu können,
war es daher in den meisten Fällen nötig, zu warten, bis durch Tod eine
Stelle frei wurde.
Einige Buchbinder erhielten nach besonderen Aufträgen Prädikate verliehen:
Hofbuchbinder, Ratsbuchbinder oder auch Universitätsbuchbinder. Aufträge
von Herrscherhäusern kamen unter anderem von bibliophil interessierten
Fürsten, aber auch zur Herstellung repräsentativer diplomatischer Geschenke
wie Grußadressen, Erinnerungsmappen, Diplomen, Mappen zu Auszeichnungen
oder auch prachtvoller Einbände von Musikhandschriften. Alle großen Höfe
des Absolutismus in Europa beschäftigten Hofbuchbinder. Hofhandwerker
durften mehr als zwei Gesellen beschäftigen. Sie gehörten nicht dem
Hofstaat an, durften aber mit dem Prädikat werben. Sie bekamen für die
Vergoldung von Einbänden Stempel oder Platten zum Beispiel mit Wappen der
Herrscherhäuser ausgeliehen, ebenso Mustereinbände für weitere Arbeiten.
Hofbuchbinder und ihre Familien führten teilweise auch Nebenarbeiten aus.
So musste Jacob Krause auch als Bibliothekar und Bucheinkäufer für Kurfürst
August den Starken arbeiten. Weitere bekannte Hofbuchbinder waren Johannes
Selenka und Lukas Weischner. Der Begriff Hofbuchbinder wurde bis in die
Zeit industrieller Buchproduktion auch für Verlagseinbände verwendet, so
von der Buchbinderei Hermann Scheibe (Hermann Scheibe, Wien, k. und k.
Hof-Buchbinder).
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Buchbinder
Gravitationswelle (Aufgabe 8 – 12)
Eine Gravitationswelle ist eine Welle in der Raumzeit, die durch eine
beschleunigte Masse ausgelöst wird. Den Begriff selbst prägte erstmals
Henri Poincaré bereits 1905. Gemäß der Relativitätstheorie kann sich nichts
schneller als mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Lokale Änderungen im
Gravitationsfeld können sich daher nur nach endlicher Zeit auf entfernte
Orte auswirken. Daraus folgerte Albert Einstein 1916 die Existenz von
Gravitationswellen. Beim Durchlaufen eines Raumbereichs stauchen und
strecken sie vorübergehend Abstände innerhalb des Raumbereichs. Das kann
als Stauchung und Streckung des Raumes selbst betrachtet werden. Da sich in
der newtonschen Gravitationstheorie Veränderungen der Quellen des
Gravitationsfeldes ohne Verzögerung im gesamten Raum auswirken, kennt sie
keine Gravitationswellen. Am 11. Februar 2016 berichteten Forscher der
LIGO-Kollaboration über die erste erfolgreiche direkte Messung von
Gravitationswellen im September 2015, die bei der Kollision zweier
Schwarzer Löcher erzeugt worden waren. Sie wird als Meilenstein in der
Geschichte der Astronomie betrachtet. 2017 wurden Rainer Weiss, Barry
Barish und Kip Thorne „für entscheidende Beiträge zum LIGO-Detektor und die
Beobachtung von Gravitationswellen“ mit dem Nobelpreis für Physik
ausgezeichnet. Nach der allgemeinen Relativitätstheorie wirken Änderungen
des Gravitationsfeldes nicht instantan im ganzen Raum, wie es in der
newtonschen Himmelsmechanik angenommen wird, sondern breiten sich mit
Lichtgeschwindigkeit aus (man nennt das auch Aberration der Gravitation).
Demnach werden von jedem System beschleunigter Massen (z. B. einem
Doppelsternsystem oder einem um die Sonne kreisenden Planeten)
Gravitationswellen erzeugt, ähnlich wie beschleunigte elektrische Ladungen
elektromagnetische Wellen abstrahlen. Aufgrund des Birkhoff-Theorems sendet
eine sphärisch symmetrisch oszillierende Massenverteilung keine
Gravitationswellen aus (analog zur Elektrodynamik).
Gravitationswellen lassen sich mathematisch beschreiben als Fluktuationen
des metrischen Tensors, eines Tensors 2. Stufe. Die Multipolentwicklung des
Gravitationsfelds beispielsweise zweier einander umkreisender Sterne
enthält als niedrigste Ordnung die Quadrupolstrahlung. In einer
quantenfeldtheoretischen Perspektive ergibt sich das der klassischen
Gravitationswelle zugeordnete, die Gravitation vermittelnde Eichboson, das
(hypothetische) Graviton, als Spin-2-Teilchen analog dem Spin-1-Photon in
der Quantenelektrodynamik. Eine widerspruchsfreie quantenfeldtheoretische
Formulierung der Gravitation auf allen Skalen ist jedoch noch nicht
erreicht. Gravitationswellen sind analog zu elektromagnetischen Wellen
Transversalwellen. Aus Sicht eines lokalen Beobachters scheinen sie die
Raumzeit quer zu ihrer Ausbreitungsrichtung zu stauchen und zu strecken.
Sie haben ebenfalls zwei Polarisationszustände. Es gibt auch bei ihnen
Dispersion. Anders als für elektromagnetische Wellen – die sich aus den
linearen Maxwell-Gleichungen ergeben – lässt sich eine Wellengleichung für
Gravitationswellen nicht mehr exakt herleiten. Aus diesem Grunde ist auch
das Superpositionsprinzip nicht anwendbar. Stattdessen gelten für
Gravitationswellen die Einsteinschen Feldgleichungen. Für diese können in
vielen Fällen nur Näherungslösungen durch lineare Differentialgleichungen
ermittelt werden, z. B. die Wellengleichung als Näherung für kleine
Amplituden. Da die Annahme kleiner Amplituden am Entstehungsort der Welle
in der Regel unzulässig ist, wird es sehr schwierig, die Abstrahlung von
Gravitationswellen zu berechnen, was für Vorhersagen über die Messbarkeit
der Wellen und die Gestalt der Signale jedoch erforderlich wäre. Aus der
Nichtlinearität der Gravitationswellen folgt die Möglichkeit ihrer
Darstellung als solitäre Wellenpakete. Generell erzeugen beschleunigte
Massen Gravitationswellen, oder allgemeiner: jede Veränderung in der
Verteilung von Masse und/oder Energie im Universum, bei der zumindest das
Quadrupolmoment zeitlich variiert. Die Stärke der Gravitationswellen hängt
von der bewegten Masse und in noch stärkerem Maße von deren
Geschwindigkeitsänderung (des Betrages und der Richtung) ab. Am stärksten
und damit noch am ehesten beobachtbar sind sie bei sehr massiven, sehr
stark beschleunigten astronomischen Objekten. Dies sind sich schnell
umkreisende Objekte schnell rotierende Objekte, die nicht
rotationssymmetrisch sind, Objekte, die asymmetrisch (nicht
kugelsymmetrisch) schnell kollabieren oder expandieren. Pulsare sind
Neutronensterne, die ein starkes Magnetfeld besitzen und sich mit bis zu
500 Umdrehungen pro Sekunde um die eigene Achse drehen. Weisen diese
Pulsare Asymmetrien in ihrer Massenverteilung auf (z. B. durch eine kleine
Erhebung auf deren Oberfläche), verursachen sie eine in Frequenz und
Amplitude konstante Gravitationswelle. Bislang sind noch keine derartigen
Quellen entdeckt worden. Supernovae sind explodierende Sterne. Sie
entstehen bei der thermonuklearen Explosion eines Weißen Zwergs (Supernova
Typ Ia) oder beim Gravitationskollaps eines sehr massiven Sterns (Supernova
Typ Ib, Ic, II). Bei dieser Explosion kann ein erheblicher Teil der
Sternenmasse mit großer Geschwindigkeit (bis 10 % der Lichtgeschwindigkeit)
fortgeschleudert werden. Wenn diese Explosion asymmetrisch erfolgt, wird
Gravitationsstrahlung erzeugt.
Viele Modelle zum Universum sagen starke Gravitationswellen voraus, die
kurz nach dem Urknall entstanden sind. Aufgrund der kosmischen Expansion
wäre deren Frequenz inzwischen sehr klein. Bei Nachweis dieser
Gravitationswellen könnte man viel weiter zeitlich in die Vergangenheit des
Universums blicken, als es mit der kosmischen
Mikrowellen-Hintergrundstrahlung möglich ist. Der ursprünglich für das Jahr
2019 geplante Detektor eLISA wird diese möglicherweise nachweisen können.
Nach dem Ausstieg der NASA war die Zukunft des Projektes jedoch ungewiss.
Das Folgeprojekt NGO (New Gravitational Wave Observatory) wurde 2012 von
der europäischen Weltraumorganisation ESA zugunsten der Mission JUICE,
deren Ziel die Erkundung der Jupitermonde ist, zurückgestellt. 2013 wurde
das Projekt von der ESA als L3-Mission unter dem Thema „Das gravitative
Universum“ in die weiteren Planungen aufgenommen. Der Start ist für 2034
geplant.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Gravitationswelle